Seminare
für Schreiben und kreatives Arbeiten
Michael Stoll
Alberweiler 14
88634 Herdwangen
Tel.: 07557 / 96846
Wege aus der Bann - Kraft
des Mythos
- Schreiben und Gegenwart
-
Wechselwirkung auf oder durch politische Entscheidungsprozesse
I.
Der Mythos
II.
Der Sprache auf der Spur
III.
Niemands - Land
IV.
Das Kristallprinzip ¾
der Keim des Eigenen
V. Die Methode
VI. Des Kaisers neue Kleider
VII. Offener Ausblick
I.
Der Mythos
Im folgenden Zusammenhang möchte
ich mit dem Begriff Mythos zwei Bedeutungsherde hervorheben; zum Einen spreche
ich von der grundlegenden Bedeutung des Mythos, der Mythe als Wort, Rede, Erzählung,
also einer sprachlichen Tat des Menschen, und zum Anderen von dem Mythos als
einer Tat-sache, welcher einen unwirklichen Charakter zu besitzen scheint, da
sie als menschliche Er-findung eben auch in der frei beweglichen Phantasie des
Menschen wurzelt.
Ich
vertrete die These, dass wir als Menschen uns alle in der Struktur
verschiedenster Mythen bewegen, und dass in der Bewusstwerdung der
mythologischen Momente unseres Seins wir Schicht um Schicht unseren eigenen
Antrieb, unserer eigenen Lebensgestalt näher zu kommen vermögen.
Das
uns mit der Vernunft klar Erkennbare, das was wir mit dem Bewusstsein ergreifen
können, die so-gleich rekapitulierbare Herkunft unserer An-triebe, die Ziele,
welche wir uns geben, all das ist es n
i c h t , was die innere Kraft des Mythos aus-macht; es ist immer das Dahinter,
eine Ordnung, quasie die Grund-Erzählweise, die den Rahmen bildet, welche die
Menschen in ihrem Handeln zuammen-führt, sie
letztendlich regiert.
Mit
dem Absterben offensichtlicher diktatorischer Momente wächst das Sublime der
Diktatur, der zu Entziehen der Weg zum ur-eigenen Mythos uns aufzurufen scheint.
II.
Der Sprache auf der Spur
Was
den Mensch als Menschen vor Allem auszeichnet ist die Sprache. Ob diese Sprache
seine Sprache ist, zeigt sich im Handeln und Sein des Menschen;
Ein
Mensch auf der Spur seiner Sprache ist sich der Zweiseitigkeit der sprachlichen
Erscheinung mehr oder weniger bewusst: Zum Einen schöpft er mit der Sprache aus
dem Fundus der entwickelten Kultur, zum Anderen spricht er, der konkrete
einzelne Mensch, im Augenblick seines Sagens eigen und neu das gefasste Wort.
Vom
vermittelndem Zeigen des Kleinkindes hin zum dozierenden Universitätsprofessor,
welcher ver-sucht seine Gedanken zum Besten zu geben, scheint es weit ¾,
ist aber vom ursprünglichen Motiv her dasselbe:
Sprache
vermittelt Inhalte, welcher der Sprechende, oder der Schreibende als die Seinen
erfasst hat, und versucht den inneren Raum des Sprechenden, Schreibenden zum
Aus-druck, zur Er-scheinung zu bringen;
Versteht
es der Sprechende auf den Sprachraum, in welchem er seine Sprache äußert,
geschickt einzuwirken, so wird sich der Raum bis in das konkrete Tun des, der
Menschen verändern;
Je
bewusster der Mensch die Sprache als die s
e i n e ver-wendet, je
eigen-artiger und authentischer, echter erscheint der Mensch;
Seiner
Sprache auf der Spur ent-deckt der Mensch Schicht um Schicht Sprachbezüge,
Sprachsysteme, die in sich fest verbunden gemeinschaftliche Räume bilden,
aus-ab-grenzen und daraus gesellschaftlich funktionierende Abläufe bewirken.
III.
Niemands - Land
Gibt
es je eine Aus-Zeit, ein Ab-rücken, ein Ver-rücken von diesem Geflecht, diesen
Zusammenhängen an unbewussten Sinnentwürfen und Strukturen, die unser Leben in
Aus-richtung bringen, unser Handeln in einen Ablauf, in einen Vollzug ¾
?
Aus
der Sprache auszusteigen erscheint bewusst nicht möglich ¾
das hieße aus dem menschlichen Rahmen zu fallen, ver-rückt zu werden;
es
gibt jedoch die Möglichkeit sich immer wieder in der Reflexion den so
selbstverständlich gehaltenen Kontexten die
F r a g e entgegenzuhalten ¾
;
damit meine ich nicht allein die Frage, welche das Detail einer bestimmten Sache be-trifft, sondern meine die
f
r a g e n d e H a l t u n g ,
welche auch als Voraussetzung all-mögliches Fragen miteinbezieht.
So
kann es geschehen, dass Schicht um Schicht ich ent-decke, auf-decke, dass
verschiedene mythologische, damit meine ich mir ersteinmal nicht bewusste Erzählweisen
meinen Verständnis-Grund bilden, die sich bis zu einem Bereich hin eröffnen können,
wo das Gefühl eines Nichts-hält, einem Abgrund gleich, sich eröffnet ¾.
Von
diesem Niemands-Land aus wendet sich der Blick; im staunenden Erforschen und Überprüfen
tastet sich der Mensch schreibend und sprechend voran ...
IV.
Das Kristallprinzip ¾
der Keim des Eigenen
Anfang,
Anfänger sein ¾
in der Sprache weit hinuntersteigen vom Turm der Ausgeformtheit und
Verschiedenheit in den Bereich der großen Worte, die so hehr und isoliert
dazustehen scheinen, dass dies Angst schaffen kann und dem zeitgeistigen
kulturellen Geschmack schaudert; aber nur zu, weiterschreiben, weiterschreiten ¾
der grobblättrige Keimling wird schon wachsen, nur er kann wachsen;
¾
wie beim kaum vorhandenen Beginn des Kristall gilt es nun das dem Abgrund
entzogene eigen gefühlte, erfühlte Wort ins günstige Nährfeld
weiter-zu-tragen, zu pflegen und zu entwickeln;
¾
aus urig privatmythologischem Umgehen mit dem Wort klärt und öffnet
sich die eigen bestimmte Lebens-Gestalt.
V.
Die Methode
Die
gesellschaftlich geforderte, über die Sozialisation errungene Disziplin gilt es
als bedeutsamen Schritt an sich, für sich, für das eigene Sprechen anzuwenden;
in der Schule und Ausbildung ausgetrieben und für die Prüfungsinstanzen
unbeliebt und lästig, gilt es nun zum Hüter und Gärtner des eigen - kreatürlichen
Sprechens und Schreibens zu werden;
¾
niemand fordert Es, niemand darf es fordern als man SELBST, dem Strickmusterwerk
gegebener Vorstellungen und Lebensentwürfen auf-und ent-decken, bewusst zu
ent-kommen, um mit ihnen ernst-haft zu spielen;
¾
es gibt kein Ent-rinnen, es ist immer eine Welt, die mich hält, die mich
bindet, und die Existenz bleibt und ist gefährdet; aber mit dem Weg der
Schreiben be-deutet werden die Ver-sicherungs-systeme in immer größeren
Schritten in die eigenen Hände gegeben.
Das
tägliche Wort was mir ein-fällt, ergreife ich und nehme es ge-wichtig, halte
es vor, schreibe es auf, und in Zeiten in denen mir nichts ein-fällt, ver-suche
Ich dieses Wort in Wort-Räume zu führen, ¾ eröffne Assoziationen, um es
dem Geflecht, einer Tragfähigkeit hin-zu-bewegen.
VI.
Des Kaisers neue Kleider
In
der Körperlichkeit des errungenen Wortes stehend wird rhetorisches Geplänkel,
wird äffisches Gehabe, wird Meinungs-mache er-kannt und durchleuchtet; es
bleibt am Einzelnen, ob er den Kindsschrei nach der Nacktheit des durch die
Strassen ziehenden Kaisers wagt, oder sich lieber der Sichtung eigener Garderobe
öffnet ¾;
Er-kennen
¾
die Mechanismen der Verführung über Begriffs-Muster, über vorgegebene
Vorstellungen, die ver-gangenen Zeit-mustern ent-sprechen, nicht mehr zeit-gemäß
sind, aber der Trägheit und Angstbesetztheit gegenüber not-wendigen
gesellschaftlichen Veränderungen entgegenarbeiten;
Er-kennen
¾
die Lang-weile und Phantasielosigkeit, der Stumpfsinn einer un-verwandelten
Immer-wieder-kehr;
Aus
dem Bann des Mythos, aus dem Bann des Nach-Existierenden hin zu einer
selbst-bewussten Sprach-Gestalt, heißt, der immer stärkeren Durchdringung ,
Bewusstwerdung der Spur des eigenen Mythos, den eigenen Zusammenhängen, dem
Motiv eigenen Handelns ¾
; hier liegt freudige und einzigartige Beschäftigung, einer An-näherung
dessen, was als Auf-dem-Weg-zur-Freiheit umschrieben werden kann.
Und
Erdung, Realitäts-Bezogenheit schafft das alte metaphysische Wort "Wie-Innen-So-Aussen";
jede Plakatierung wird sinnlos, schöpft den Innen-Raum; so der Wandel des
Kaisers auf meinen Strassen lässt hoffen ¾.
VII.
Offener Ausblick
Was
wäre nun das Ziel eines solchen Schreib-, Sprach - Weges?
Es
er-scheint der ideal entworfene, unverstellte Umgang mit der Gegebenheit, in der
Gegenwart, möglich, das Bewegen in einer Zu-Ständigkeit, die einem Magischen
gleichkommt: In-dem die plastische Körperlichkeit meiner Sprache reift, schließt
sich der Zwiespalt zwischen nach-denklicher Vorstellung und dem in der
Gegebenheit real Hereinkommenden zu-sehends;
Jedoch
der die Situationsüber-blickende
die Gegebenheit-er-Fühlende
der Tat-Gestaltungs-kräftige
ist
der Sprach - Mensch; hierin liegt der Unter-schied, das Weiterschreiten gegen-über
einem kindlichen, vor-bewussten Aufgehen in A L L E M.
In
der Übung des gestalteten, geformten Wortes ist der Mensch Träger und nicht
Spiel-Ball der Wirklichkeit;
Der
politische, gesellschaftlich wirksame Mensch wird mit s-einer Sprache.
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